Was ist eigentlich Megalithkultur ?
Trichterbecher, Teufelswerk und Totenkult – Mythos Großsteingrab
Die Anfänge des Bauernlebens in der Steinzeit
Die Zeit um 3.500 v. Chr. stellte eine regelrechte Revolution in der Geschichte der menschlichen Entwicklung dar. Es war der Beginn der frühesten Bauernkultur in Nordwestdeutschland.
Die Lebensweise der Jäger und Sammler wurde zunehmend durch die bäuerliche Lebensweise ersetzt. Neue Techniken und Bräuche wurden von den benachbarten Völkern übernommen.
Die Menschen bauten nun Pflanzen wie Getreide (Weizen und Gerste), Erbsen, Bohnen und Linsen an und züchteten Vieh (Schafe, Ziegen, Rinder und Schweine).
Statt wie bisher in Hütten und Zelten und ohne festen Wohnsitz zu leben, bauten sie nun Häuser und gründeten Siedlungen.
Archäologen gaben dieser bedeutsamen Veränderung den Namen „Neolithische Revolution“ (Jungsteinzeitliche Revolution).
Auch der Umgang mit dem Tod änderte sich. Die Steinzeit-Bauern errichteten für ihre Verstorbenen eindrucksvolle Gräber aus Findlingen - die Großsteingräber. In der Archäologie werden diese Monumentalbauten als „Megalithgräber“bezeichnet. Das Wort Megalith leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet soviel wie „großer Stein“ von mega für groß und lithos für Stein.
Die Trichterbecherkultur
Die Erbauer der Großsteingräber lebten in der letzten Phase der Steinzeit, der sogenannten Jungsteinzeit. Im norddeutschen Raum sprechen wir von der Trichterbecherkultur. Der Name leitet sich von der Form der Keramikgefäße ab: Sie zeichnen sich durch ein bauchiges Unterteil mit trichterförmigem Hals aus. Häufig sind sie mit tief eingestochenen Mustern verziert. So wenig uns über die Siedlungsplätze, den Alltag und das Aussehen der damaligen Menschen bekannt ist, umso mehr wissen wir von ihren unzähligen Toten.
Ein Haus für die Ewigkeit
In der Jungsteinzeit waren Großsteingräber für die meisten Menschen die letzte Ruhestätte. In Norddeutschland war der Typ des sogenannten Kollektivgrabes vorherrschend, d.h. dass in ein schon benutztes Grab nachträglich andere Verstorbene beigesetzt wurden. Ein einziges Megalithgrab konnte Skelettreste von bis zu 150 Individuen enthalten. Großsteingräber sind offensichtlich über viele Generationen hinweg benutzt worden. Es ist unklar, woher die Sitte stammt, die Toten in solch gewaltigen Grabkammern beizusetzen. Die ältesten Anlagen existieren in der Bretagne und auf der Iberischen Halbinsel.
Eine technische Hochleistung
Der Transport und Bau eines Großsteingrabes war für die damalige Zeit ein aufwendiger Kraftakt. Als Baumaterial dienten in der Regel Findlinge, also große Granitblöcke. Sie wurden mitunter über weite Strecken bis zu dem ausgewählten Bestattungsplatz transportiert.
Verschiedene Versuche haben gezeigt, dass diese bis zu 50 Tonnen schweren Steine mit einfachen Mitteln wie hölzernen Rollen, Hebebäumen, Tauwerk und Zugtieren bewegt und zu Grabkammern zusammengesetzt werden konnten. Nach Hochrechnungen lag der Zeitaufwand für den Bau einer großen Grabanlage unter dem Einsatz von 100 Helfern bei nur etwa 15 Wochen.
Regionale Vielfalt
Die Bauweise der Megalithgräber ist sehr verschieden. Aufgrund ihrer Formenvielfalt entstanden die unterschiedlichsten Bezeichnungen wie Ganggrab, Kammergrab, Steinkistengrab, Galeriegrab, Hünenbett, Dolmen u. a.
Typisch für den nordwestdeutschen Raum ist das Ganggrab: Es besitzt einen Zugang aus Steinen, der nach Süden ausgerichtet ist und sich vermutlich auf den Mittagsstand der Sonne bezieht.
Rituale und Jenseitsglaube
Die Megalithiker glaubten an ein Leben nach dem Tod. Dafür sprechen die zahlreichen Grabbeigaben, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, wie Tongefäße mit Nahrung, Waffen, Werkzeuge und Schmuck (Bernsteinperlen, Tierzähne, Kupferanhänger).
Über die konkreten Bestattungsrituale existieren nur spärliche Hinweise. Vorstellbar sind rituelle Opferhandlungen sowie feierliche Zeremonien mit Essen, Trinken, Musik und Tanz.
Die Zerstörung
Unzählige Megalithgräber sind im Laufe der Zeit komplett zerstört worden. Oftmals wurden die Steine zum Bau von Straßen, Kirchen und Befestigungsanlagen verwendet. In Niedersachsen gibt es gegenwärtig noch etwa 400 teilweise erhaltene Gräber. Die ursprüngliche Gesamtzahl wird auf das Zehnfache geschätzt.
Mystische und sagenhafte Geschichten
Es ist nach wie vor schwer vorstellbar, dass einst Menschen ohne moderne technische Hilfsmittel solche massiven Bauwerke errichten konnten. Bereits im Mittelalter schrieb man diese Tat den Riesen (=Hünen) und dem Teufel zu. So entstanden Bezeichnungen wie „Hünengräber“, „Hünensteine“, „Teufelssteine“, „Teufelsbackofen“ und „Teufelsbacktrog“. Ebenso war die Vorstellung, Megalithgräber seien heidnische Opferaltäre, weit verbreitet. Einige Steine weisen Bearbeitungsspuren auf, die im Rahmen von kultischen Handlungen entstanden sein dürften.
Weit mehr als nur Gräber
Die Großsteingräber der Trichterbecherkultur sind nicht die einzigen Megalithbauten. Es zählen auch Steinkreise, Steinreihen, Tempel und sogenannte Menhire (einzeln aufgerichtete Steine) dazu. Derartige Bauten können Sie von Südskandinavien bis Nordafrika antreffen. Sehr bekannt sind Stonehenge in Südwestengland, die Steinreihen von Carnac in Westfrankreich oder die Tempelbauten auf der Insel Malta.
Trotz der Faszination, die von den Megalithgräbern seit langer Zeit auf uns ausgeübt wird, sind sie vielerorts in Vergessenheit geraten und warten darauf neu entdeckt zu werden!
Bitte achten Sie bei Ihrem Besuch darauf, dass Sie einem einzigartigen Kulturdenkmal gegenüberstehen, das noch für viele nachfolgende Generationen erhalten bleiben möge.